Redebeitrag bei der „Kein Mensch ist illegal – Stop all deportations!“ Demo am 25.08.2019

Ich freue mich (Constanze Schnepf), im Namen von IBIS e.V. und der Antidiskriminierungsstelle heute hier zu sprechen. Schรถn, dass ihr gekommen seid, um mit uns gemeinsam ein Zeichen zu setzen, gegen ein Gesetz, das das Grundrecht auf Asyl, auf das sich viele Menschen wรคhrend ihrer Flucht mit gutem Recht verlassen haben, zu einem Akt des Misstrauens gegenรผber geflรผchteten Menschen macht.
Vor etwas รผber 20 Jahren grรผndete sich das Netzwerk โ€žKein Mensch ist illegalโ€œ. Was ist seitdem passiert? Die Asylgesetzgebung wurde verschรคrft. Das Recht auf Asyl quasi ausgehรถhlt.
Das โ€žgeordnete Rรผckkehrgesetzโ€œ lรคsst schon im Namen seine Zielsetzung deutlich erkennen. Es geht nicht um den Schutz vor Menschenrechtsverletzungen, sondern um Ordnung und vor allem um die Rรผckkehr geflรผchteter Menschen.

Es wird davon ausgegangen, dass ein Gesetz geschaffen werden muss, um die Rรผckkehr von Menschen in die Lรคnder aus denen sie geflohen sind, zu ordnen und zu verwalten. Es wird nicht davon ausgegangen, dass es Menschen so oder so schwer fรคllt ihre Heimat oder ihren Lebensmittelpunkt und ihr (soziales) Umfeld zu verlassen. Zentrale Annahme dieses Gesetzes scheint zu sein, dass Menschen die nach Deutschland fliehen, dies tun, obwohl dazu keine Notwendigkeit besteht und sie daher kein Recht auf Asyl haben.
Im Mittelpunkt stehen nicht Menschen mit ihren Erfahrungen von Gewalt, Krieg und Diskriminierung und der Schutz derselben, sowie die Verwirklichung des Rechts auf Asyl, sondern die Abschottung und die Botschaft an alle Geflรผchteten, die mit diesem Gesetz in Berรผhrung kommen, โ€žgeht zurรผck, ihr seid hier nicht willkommen.โ€œ Die (Menschen)Rechte auf Asyl und auf kรถrperliche und seelische Unversehrtheit werden dabei vรถllig auรŸer Acht gelassen.

Das Abstimmungsergebnis fรผr dieses Gesetz, zeigt eine politische Tendenz auf, die aus meiner Sicht sehr erschreckend ist. Auch wenn wir davon ausgehen, dass nicht alle die befรผrwortet haben hinter dem Entwurf stehen, legt das Abstimmungsergebnis nah das mindestens die Hรคlfte aller Abgeordneten davon ausgeht, dass ein solches Gesetz notwendig ist. Es scheint fรผr sie notwendig zu sein, eine prรคventive Haft zu ermรถglichen, ohne auch nur den Verdacht zu haben, dass Menschen sich ihrer Abschiebung entziehen wollen. 371 Abgeordnete stimmten fรผr den Gesetzentwurf. 159 Wahlberechtigte votierten gegen den Entwurf und nur 111 Abgeordnete enthielten sich. Selbst wenn wir davon ausgehen, dass alle Delegierten, die sich enthielten mit dem Gesetzentwurf nicht einverstanden waren, รผbersteigt die Anzahl derer, die ihn befรผrworteten diese deutlich.

Der Grundsatz einer fairen Beurteilung des Asylanspruches zu Gunsten der Antragsstellenden, weicht einer Gesetzgebung deren Grundlage den generellen Verdacht bildet, dass Menschen die hier Asyl beantragen, eigentlich keines benรถtigen. Dass die Aufgabe des Staates darin besteht, Menschen abzuwehren und ihnen nachzuweisen, dass sie kein Recht auf Asyl haben. Ich frage mich was macht ein solches Gesetz und seine Anwendung mit einer Gesellschaft, bei der Menschenrechte oberste Prioritรคt haben (sollten) die von ihren Mitgliedern Zivilcourage, Solidaritรคt, Empathie und Engagement fordert. Es werden Gelder ausgegeben โ€“ zugegebenermaรŸen nie genug โ€“ um Werte wie Gleichberechtigung und Akzeptanz zu fรถrdern. Es wird gefordert, dass nicht nur Kinder und Jugendliche solidarisch und wertschรคtzend miteinander umgehen. Gleichzeitig werden Gesetze verabschiedet, die all diese Grundsรคtze und Werte mit FรผรŸen treten. Gruppierungen, die menschenverachtende รœberzeugungen vertreten, haben das Gefรผhl gehรถrt, anerkannt und bestรคtigt zu werden, wenn sie dieses Gesetz lesen.
Fรผr alle die in der Antidiskriminierungs- und Menschenrechtsarbeit aktiv sind, ist dieses Gesetz ein Schlag ins Gesicht und fรผr Menschen die auf das Recht auf Asyl zum Schutz ihres Lebens angewiesen sind, ist es lebensgefรคhrlich!
Der Umgang mit Menschen, der durch dieses Gesetz etabliert wird, ist nicht nur in hohem MaรŸe menschenrechtsfeindlich, sondern stellt auch eine Gefahr fรผr unsere Gesellschaft als Ganzes dar. Denn Grund- und Menschenrechte, werden durch dieses Gesetz ausgehebelt und fรผr nichtig erklรคrt. Es wird vermittelt, dass der Abschiebung von Geflรผchteten in unserer Gesellschaft, eine deutlich hรถhere Prioritรคt zukommt, als der Umsetzung von Grund- und Menschenrechten. Diese sollten aber jetzt und in Zukunft immer die Grundlage fรผr unsere Handlungen und Entscheidungen bilden, ganz gleich welche politischen Entscheidungen getroffen werden!
Das erwarte ich selbstverstรคndlich auch von allen Politiker_Innen bei der Vorbereitung und Verabschiedung von Gesetzen. Deshalb fordere ich Sie und euch, im Namen der Antidiskriminierungsstelle von IBIS e.V. und auch vielen anderen NGOs in diesem Bereich dazu auf, sich in ihren Handlungen, Beurteilungen und Entscheidungen weiterhin gemรครŸ der Grund- und Menschenrechte zu verhalten. Diese sind unteilbar und sollten niemals hinter Gesetzen und Richtlinien zurรผckstehen! Aus unserer Sicht ist dieses Gesetz nicht verfassungskonform und nicht mit den Grund- und Menschenrechten vereinbar. Daher gehรถrt es schnellstmรถglich gekippt!

Teilen:

Facebook
X
LinkedIn
Threads

Jetzt zum Newsletter anmelden

Bitte aktiviere JavaScript in deinem Browser, um dieses Formular fertigzustellen.
Name
Datenschutz

Weitere interessante Artikel:

Anstehende Veranstaltungen

Wir unterstรผtzen Sie bei Ihrer Suche

Suche

Ihre Spende fรผr Menschenrechtsarbeit

Heute am 16.05. erhรถht Betterplace jede Spende um 15%

Ihre Spende fรผr Menschenrechtsarbeit

Heute am 06.12. zรคhlt jede Spende doppelt