Ich freue mich (Constanze Schnepf), im Namen von IBIS e.V. und der Antidiskriminierungsstelle heute hier zu sprechen. Schön, dass ihr gekommen seid, um mit uns gemeinsam ein Zeichen zu setzen, gegen ein Gesetz, das das Grundrecht auf Asyl, auf das sich viele Menschen während ihrer Flucht mit gutem Recht verlassen haben, zu einem Akt des Misstrauens gegenüber geflüchteten Menschen macht.
Vor etwas über 20 Jahren gründete sich das Netzwerk „Kein Mensch ist illegal“. Was ist seitdem passiert? Die Asylgesetzgebung wurde verschärft. Das Recht auf Asyl quasi ausgehöhlt.
Das „geordnete Rückkehrgesetz“ lässt schon im Namen seine Zielsetzung deutlich erkennen. Es geht nicht um den Schutz vor Menschenrechtsverletzungen, sondern um Ordnung und vor allem um die Rückkehr geflüchteter Menschen.
Es wird davon ausgegangen, dass ein Gesetz geschaffen werden muss, um die Rückkehr von Menschen in die Länder aus denen sie geflohen sind, zu ordnen und zu verwalten. Es wird nicht davon ausgegangen, dass es Menschen so oder so schwer fällt ihre Heimat oder ihren Lebensmittelpunkt und ihr (soziales) Umfeld zu verlassen. Zentrale Annahme dieses Gesetzes scheint zu sein, dass Menschen die nach Deutschland fliehen, dies tun, obwohl dazu keine Notwendigkeit besteht und sie daher kein Recht auf Asyl haben.
Im Mittelpunkt stehen nicht Menschen mit ihren Erfahrungen von Gewalt, Krieg und Diskriminierung und der Schutz derselben, sowie die Verwirklichung des Rechts auf Asyl, sondern die Abschottung und die Botschaft an alle Geflüchteten, die mit diesem Gesetz in Berührung kommen, „geht zurück, ihr seid hier nicht willkommen.“ Die (Menschen)Rechte auf Asyl und auf körperliche und seelische Unversehrtheit werden dabei völlig außer Acht gelassen.
Das Abstimmungsergebnis für dieses Gesetz, zeigt eine politische Tendenz auf, die aus meiner Sicht sehr erschreckend ist. Auch wenn wir davon ausgehen, dass nicht alle die befürwortet haben hinter dem Entwurf stehen, legt das Abstimmungsergebnis nah das mindestens die Hälfte aller Abgeordneten davon ausgeht, dass ein solches Gesetz notwendig ist. Es scheint für sie notwendig zu sein, eine präventive Haft zu ermöglichen, ohne auch nur den Verdacht zu haben, dass Menschen sich ihrer Abschiebung entziehen wollen. 371 Abgeordnete stimmten für den Gesetzentwurf. 159 Wahlberechtigte votierten gegen den Entwurf und nur 111 Abgeordnete enthielten sich. Selbst wenn wir davon ausgehen, dass alle Delegierten, die sich enthielten mit dem Gesetzentwurf nicht einverstanden waren, übersteigt die Anzahl derer, die ihn befürworteten diese deutlich.
Der Grundsatz einer fairen Beurteilung des Asylanspruches zu Gunsten der Antragsstellenden, weicht einer Gesetzgebung deren Grundlage den generellen Verdacht bildet, dass Menschen die hier Asyl beantragen, eigentlich keines benötigen. Dass die Aufgabe des Staates darin besteht, Menschen abzuwehren und ihnen nachzuweisen, dass sie kein Recht auf Asyl haben. Ich frage mich was macht ein solches Gesetz und seine Anwendung mit einer Gesellschaft, bei der Menschenrechte oberste Priorität haben (sollten) die von ihren Mitgliedern Zivilcourage, Solidarität, Empathie und Engagement fordert. Es werden Gelder ausgegeben – zugegebenermaßen nie genug – um Werte wie Gleichberechtigung und Akzeptanz zu fördern. Es wird gefordert, dass nicht nur Kinder und Jugendliche solidarisch und wertschätzend miteinander umgehen. Gleichzeitig werden Gesetze verabschiedet, die all diese Grundsätze und Werte mit Füßen treten. Gruppierungen, die menschenverachtende Überzeugungen vertreten, haben das Gefühl gehört, anerkannt und bestätigt zu werden, wenn sie dieses Gesetz lesen.
Für alle die in der Antidiskriminierungs- und Menschenrechtsarbeit aktiv sind, ist dieses Gesetz ein Schlag ins Gesicht und für Menschen die auf das Recht auf Asyl zum Schutz ihres Lebens angewiesen sind, ist es lebensgefährlich!
Der Umgang mit Menschen, der durch dieses Gesetz etabliert wird, ist nicht nur in hohem Maße menschenrechtsfeindlich, sondern stellt auch eine Gefahr für unsere Gesellschaft als Ganzes dar. Denn Grund- und Menschenrechte, werden durch dieses Gesetz ausgehebelt und für nichtig erklärt. Es wird vermittelt, dass der Abschiebung von Geflüchteten in unserer Gesellschaft, eine deutlich höhere Priorität zukommt, als der Umsetzung von Grund- und Menschenrechten. Diese sollten aber jetzt und in Zukunft immer die Grundlage für unsere Handlungen und Entscheidungen bilden, ganz gleich welche politischen Entscheidungen getroffen werden!
Das erwarte ich selbstverständlich auch von allen Politiker_Innen bei der Vorbereitung und Verabschiedung von Gesetzen. Deshalb fordere ich Sie und euch, im Namen der Antidiskriminierungsstelle von IBIS e.V. und auch vielen anderen NGOs in diesem Bereich dazu auf, sich in ihren Handlungen, Beurteilungen und Entscheidungen weiterhin gemäß der Grund- und Menschenrechte zu verhalten. Diese sind unteilbar und sollten niemals hinter Gesetzen und Richtlinien zurückstehen! Aus unserer Sicht ist dieses Gesetz nicht verfassungskonform und nicht mit den Grund- und Menschenrechten vereinbar. Daher gehört es schnellstmöglich gekippt!