Interview mit Dr. Natalia Petrillo und Dr. Jens Ilse aus Oldenburg zum URBACT-Netzwerk โARRIVAL CITIESโ
Wie kรถnnen Stรคdte Zuwanderung und Integration besser organisieren? Darum geht es beim URBACT-Netzwerk ARRIVAL CITIES. Der Schwerpunkt liegt darauf, wie Integration in den Kommunen langfristig sichergestellt werden kann: Wie gelingt es den Stรคdten, eine Gemeinschaft zu entwickeln, in der gegenseitige Toleranz und Akzeptanz gelebt werden? Dr. Natalia Petrillo ist Integrationsbeauftragte der Stadt Oldenburg, die als Netzwerkpartner an ARRIVAL CITIES teilnimmt. Dr. Jens Ilse, Bildungsreferent bei IBIS (Interkulturelle Arbeitsstelle fรผr Forschung, Dokumentation, Bildung und Beratung e.V.) ist Mitglied der Lokalen URBACT Gruppe, die in Oldenburg im Rahmen von ARRIVAL CITIES eingerichtet wurde. Beide berichten im Interview, mit welchen Herausforderungen ihre Stadt im Bereich Integration zu kรคmpfen hat und was sie sich von der Teilnahme an ARRIVAL CITIES erwarten.
Was sind die lokalen Herausforderungen, mit denen die Stadt Oldenburg im Rahmen von ARRIVAL CITIES umgehen will?
Petrillo: Wir mรถchten die bestehende Integrationsarbeit fortfรผhren und Oldenburg als eine weltoffene Stadt weiterentwickeln โ eine Stadt, in der sich alle gegenseitig respektieren und das Anderssein seinen Platz findet. In Schlagworten gesagt, geht es um Integration, Migration und gesellschaftlichen Zusammenhalt mit einem Schwerpunkt auf Flรผchtlingsintegration. Unser jetziges Integrationskonzept ist von 2010 und soll an die aktuellen Herausforderungen angepasst werden. Deshalb wollen wir konkrete, umsetzbare Maรnahmen entwickeln, wie Oldenburg eine Stadt fรผr alle werden kann. Zudem ist eine Problemanalyse in Form eines Integrations-Monitorings in verschiedenen Themenfeldern geplant. Wichtig sind uns auch Indikatoren, um Integrationserfolg und -bedarfe sichtbar zu machen. Mit ARRIVAL CITIES wollen wir einen partizipativen Prozess anstoรen, indem wir gemeinsam mit der Stadtverwaltung, der Politik aber auch der Zivilgesellschaft das Integrationskonzept auf den neusten Stand bringen.
Ilse: Ziel ist auch, dass die Bevรถlkerung die Integrationsbestrebungen weiterhin mittrรคgt und die Flรผchtlinge als Nachbarn akzeptiert. Zudem ist die Flรผchtlingsthematik momentan ein drรคngendes Problem: Es fehlt noch immer an Wohnraum, Geld, Arbeit und psychosozialer Beratung fรผr die Menschen. Deshalb ist es wirklich gut, wenn die Stadt, neben ihren bisherigen Bemรผhungen, die Flรผchtlingsdebatte รถffnet.
Wer ist Mitglied in Ihrer Lokalen URBACT-Gruppe (ULG) und welche Maรnahmen haben Sie bislang umgesetzt?
Ilse: Die ULG wurde Anfang 2016 gegrรผndet und wir treffen uns regelmรครig. Bislang sind wir sechs Partner: Eine Gesamtschule, das Yezidische Forum, das Bildungswerk der Niedersรคchsischen Wirtschaft, die interkulturelle Arbeitsstelle IBIS, bei der ich arbeite, die Stadt Oldenburg und ein Stadtteiltreff. Am 12. September 2016 gab es in Oldenburg ein Auftakttreffen mit den Bรผrgern fรผr die Erarbeitung unseres neuen Integrationskonzeptes. Im Rahmen dessen wurde die Lokale Gruppe dann noch erweitert. Auรerdem ist es geplant, innerhalb der ULG vier Unterarbeitsgruppen zu den Themen โIntegration und Arbeitsmarktโ, โSpracheโ, โWohnenโ und โInterkulturelles Lernen/Schuleโ zu etablieren. Mรถglich wรคren auch weitere AGs, z. B. zu Gesundheit oder Kultur.
Petrillo: Die Mitglieder der ULG haben vorher nicht in dieser Form zusammengearbeitet, einige kooperierten aber bereits miteinander. Am Anfang standen wir unter groรem Zeitdruck. Deshalb ist die Gruppe jetzt auch noch relativ klein. Angestrebt ist es allerdings, noch weitere Institutionen ins Boot zu holen.
Was sind die nรคchsten geplanten Maรnahmen?
etrillo: Wir wollen eine Lenkungsgruppe fรผr die ULG bilden und innerhalb der Unter-AGs verschiedene Workshops durchfรผhren. Es ist auch eine externe Begleitung und Moderation der Lokalen URBACT-Gruppe durch die Bertelsmann Stiftung geplant, um den Prozess professionell zu gestalten. Da bietet sich die Bertelsmann Stiftung an, denn Oldenburg ist auch eine Pilotkommune bei deren Projekt โAnkommen in Deutschlandโ. Im Rahmen dessen wird unter anderem ein โModulkofferโ fรผr Kommunen und Gemeinden zu verschiedenen Themen der Integration entwickelt. Dazu trรคgt die Stadt Oldenburg aktiv bei. Zudem kรถnnen wir auch von guten Praxisbeispielen anderer beteiligter Kommunen etwas lernen.
Gibt es schon Ergebnisse Ihrer bisherigen Arbeit im Rahmen von URBACT?
Ilse: Wir haben den Eindruck, dass das ARRIVAL CITIES-Projekt bereits jetzt in unserer Stadt einen Wandel bewirkt. Die ULG bringt Akteure und Gruppen an einen Tisch, die vorher kaum mit ihren Perspektiven in einen Dialog getreten sind, um gemeinsam รผber Willkommenskultur und neue Konzepte nachzudenken. Und die beteiligten Bรผrger kรถnnen etwas weiterentwickeln, was sie wirklich aus Eigeninitiative machen.
Petrillo: Ja, viele aktive Bรผrgerinnen und Bรผrgern begrรผรen diese Initiative und mรถchten sich einbringen. Das freut uns sehr und motiviert uns, diesen Prozess gemeinsam mit der breiten รffentlichkeit voranzubringen.