Austausch über Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus mit der Landtagspräsidentin und dem Sprecher gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus der SPD-Landtagsfraktion

Sebastian Zinke und Hanna Naber im Gespräch bei IBIS e.V.

Oldenburg, 9.8.2024. Sebastian Zinke, Sprecher gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus der SPD-Landtagsfraktion in Niedersachsen, hat am Montag, den 22.7.2024, in Oldenburg seine Sommertour zum Kampf gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus gestartet. Dabei traf Zinke auch Vertreter_innen des Vereins IBIS e.V. Begleitet wurde er von der Landtagspräsidentin und Oldenburgerin Hanna Naber. Im gemeinsamen Gespräch ging es darum, welche landespolitischen Maßnahmen im Kampf gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus notwendig sind.  

Themen waren unter anderem der Bedarf von Angeboten im Bereich Extremismusprävention und Beratung. Dazu gehören die Beratung bei Diskriminierungserfahrungen und Beratung im Umgang mit Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus, sowohl im persönlichen als auch beruflichen Umfeld. Zudem wurden Präventionsmaßnahmen besprochen, zu denen Bildungsangebote wie Argumentationstrainings gegen Rassismus, Sexismus oder Antisemitismus zählen. Auch die Notwendigkeit Lehrkräfte im Umgang mit verschiedenen Diskriminierungsformen zu stärken, wurde thematisiert.  Das IBIS-Team betonte die Wichtigkeit unabhängiger Beratungsstellen.  

Im Gespräch ging es zudem um konkrete Diskriminierungsvorfälle. Die IBIS-Beraterin der Antidiskriminierungsstelle aus dem Landkreis Friesland, die jüngst im Rahmen der Projektförderung respekt*land ins Leben gerufen wurde, berichtete von erschreckenden Diskriminierungsfällen: von krassem Rassismus am Arbeitsplatz bis zur Misshandlung von Senior_innen in Pflegeeinrichtungen.

Große Sorge bereiten die zunehmenden antisemitischen Vorfälle und Anfeindungen, die sowohl in den Landkreisen als auch in der Stadt Oldenburg zu verzeichnen sind. Pauschalisierten Antisemitismusvorwürfen gegenüber Menschen mit Migrationsgeschichte liegen wiederum oft rassistische Stereotypen und ungerechtfertigte Vorannahmen zugrunde. Hier berichtete IBIS e.V. unter anderem von einem Modellprojekt, in denen Menschen mit Migrationsgeschichte die Bekämpfung von Antisemitismus in ihren Communitys selbst initiiert haben. Da es sich hierbei um eine zeitlich begrenzte Projektförderung handelte, konnte das Projekt jedoch nicht fortgeführt werden. Gerade solche langfristigen gesellschaftlichen Aufgaben brauchen jedoch eine langfristige Perspektive.   

In diesem Zusammenhang wurden die aktuellen Haushaltspläne des Bundes angesprochen. Darin sind Kürzungen im Bereich “Maßnahmen gegen Diskriminierung” vorgesehen, aus dem auch das Projekt respekt*land gefördert wird. Dieser Bereich soll von 6,75 Millionen Euro auf 1,75 Millionen Euro gekürzt werden, trotz gestiegener Bedarfe.

Auch vor diesem Hintergrund wurde die ausbaufähige Finanzierung des Landes gegen Diskriminierung, Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus besprochen. Landkreise und Kommunen sind oft nicht in der Lage, die Bekämpfung von Diskriminierung zu finanzieren. Selbst wenn wenige Kommunen diese Arbeit trotzdem finanzieren, endet diese Unterstützung spätestens an der Stadtgrenze. Daher ist eine gemeindeübergreifende Förderung notwendig, die nur durch die Förderung des Landes langfristig gelingen kann.


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IBIS e.V. teilt den gemeinsamen Aufruf von mehr als 30 Organisationen und Initiativen gegen die Bezahlkarte für Geflüchtete

IBIS e.V. teilt den gemeinsamen Aufruf von mehr als 30 Organisationen und Initiativen gegen die Bezahlkarte für Geflüchtete:

“Nein” zur diskriminierenden Bezahlkarte für Geflüchtete Die Landesregierung muss ihr Versprechen nach Gleichbehandlung aller Menschen in Niedersachsen umsetzen! Die Bezahlkarte ist populistische Symbolpolitik Bereits im November hatten sich alle Bundesländer und die Bundesregierung darauf verständigt, für Menschen im Asylverfahren oder mit Duldung, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, bundesweit eine Debit-Karte einzuführen, die Beschränkungen im Zahlungsverkehr und bei der Verfügbarkeit von Bargeld ermöglichen soll. Am 26. April hat der Bundestag nun die Einführung einer sog. Bezahlkarte für Geflüchtete beschlossen. Damit ist ein Diskriminierungsinstrument auf den Weg gebracht, das schutzsuchende Menschen davon abhalten soll, nach Deutschland zu kommen. Der Beschluss, eine Bezahlkarte einzuführen, folgt auf eine massive Kampagne gegen Geflüchtete, die den Eindruck vermittelt, die Menschen würden allein deshalb nach Deutschland kommen, um hier von Sozialleistungen zu leben. Wissenschaftliche Studien zeigen jedoch, dass die Hoffnung auf Rechtsstaatlichkeit, einen Arbeitsplatz und das Vorhandensein von Familie und Freund:innen entscheidend dafür sind, welches Land Menschen zu erreichen versuchen. Wer vor Krieg und Gewalt flieht, wird sich nicht davon abhalten lassen, weil es in Deutschland eine Bezahlkarte gibt. Die Bezahlkarte wird ihren vorgegebenen Zweck nicht erreichen, Geflüchtete jedoch in essenziellen Lebensbereichen diskriminieren. Sie ist Ausdruck einer populistischen Symbolpolitik, die Schutzsuchende weiter ausgrenzt, diskriminiert und kontrolliert. Kein Existenzminimum für Geflüchtete Mit einer Bezahlkarte werden die sozialen Rechte Geflüchteter weiter eingeschränkt. Das grundgesetzlich garantierte Existenzminimum wird damit weiter unterschritten. Schon jetzt liegen die Leistungen für Geflüchtete in den ersten drei Jahren ihres Aufenthalts um fast 20% unter dem Bürgergeld, welches die verfassungsrechtlich garantierte Untergrenze des Existenzminimum markiert. Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht schon 2012 geurteilt, dass das Existenzminimum “migrationspolitisch nicht zu relativieren” sei – ein Leitsatz, den die Politik seither geflissentlich ignoriert. In ihrem Koalitionsvertrag hatte die Ampel-Regierung noch angekündigt, dass sie “das Asylbewerberleistungsgesetz im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts weiterentwickeln” werde. Anders als bei der “Schuldenbremse” scheint die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht zum Asylbewerberleistungsgesetz und damit auch die Einhaltung des Grundgesetzes aber niemanden mehr zu interessieren. Was sehen die Gesetzesänderungen und die Bezahlkarte konkret vor? Zukünftig bekommen Menschen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, grundsätzlich – also auch wenn sie nicht mehr in einer Erstaufnahmeeinrichtung leben müssen – vorrangig Sachleistungen statt Bargeld. Die Leistungen sollen auf eine Bezahlkarte gebucht werden. Die Bezahlkarte ist eine Guthabenkarte ohne Kontobindung. Überweisungen und Lastschriften können eingeschränkt oder gar vollkommen ausgeschlossen werden. Und nach Vorstellung der Bundesländer und der Bundesregierung sollen die Menschen nur einen kleinen Betrag (einigen Bundesländern schwebt ein Betrag in Höhe von 50€/Monat pro Erwachsenem und in Höhe von 10€/pro Kind vor) in bar abheben können. Aber die Bezahlkarte funktioniert nur in Geschäften mit dafür ausgestatteten Lesegeräten, z.B. für Mastercard oder VISA. Vielerorts kann man sie nicht einsetzen, etwa auf Flohmärkten, beim Gemeindefest oder in der Schulcaféteria. Händler:innengruppen, die Geldtransfers ins Ausland anbieten, sind ebenfalls ausgeschlossen. Für die Menschen bedeutet dies, alltäglich Diskriminierung und Stigmatisierung zu erleben! Eine Einschränkung von Überweisungen führt zu gesellschaftlichem Ausschluss von Geflüchteten: Die Mitgliedschaft in Sport- und gemeinnützigen Vereinen, der Kauf eines Deutschlandtickets, der günstige Einkauf im Internet, sogar der Handyvertrag – all dies wird erschwert oder gar verhindert. Der Ausschluss jeglicher Überweisungsmöglichkeit läuft überdies auf eine erhebliche Behinderung, wenn nicht Verhinderung einer Rechtsvertretung hinaus: Oft gibt es am Wohnort keine spezialisierten Asylanwält:innen, deshalb greifen Geflüchtete auf Kanzleien zurück, die weiter entfernt sind. Ohne Überweisungsmöglichkeit müssten sie dort jeden Monat persönlich erscheinen, um die vereinbarten monatlichen Raten per Bezahlkarte zu zahlen, und die Kanzleien müssen mit entsprechenden Kartenlesegeräten ausgestattet sein. Es besteht die Möglichkeit, die Bezahlkarte regional einzuschränken, so dass sie beispielsweise nur in dem Postleitzahlengebiet funktioniert, in dem man wohnt. Dies würde eine faktische Mobilitätseinschränkung mit sich bringen. Gesundheitskarte statt diskriminierender Bezahlkarte! Eine Bezahlkarte kann sinnvoll sein, wenn sie – wie in Hannover – diskriminierungsfrei umgesetzt wird. Die Ausgabe einer “Social Card” u.a. auch an Geflüchtete, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, bietet Möglichkeiten der Digitalisierung und Vereinfachung von Verwaltungsprozessen, ohne dass der Zahlungsverkehr und die Verfügbarkeit von Bargeld in irgendeiner Weise eingeschränkt wird. Die hannoversche “Social Card” gerät nun aber in Gefahr, wenn die Landesregierung ihre Pläne umsetzen sollte, nach denen allen Kommunen vorgegeben werden soll, Bargeldauszahlungen zu beschränken und Überweisungen zu verbieten. 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